Widerruf der Approbation als Arzt bei strafrechtlicher Verurteilung wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften

Die strafrechtliche Verurteilung eines Arztes wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften
rechtfertigt den Widerruf seiner Approbation, vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 23. Juni 2020

Sachverhalt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts

Der Angeklagte lud sich am 23.04.2013 und davor über seinen Internetzugang in C. mit Hilfe seines Computers im Chat-Bereich bzw. in Newsgroups und Tauschbörsen des Internets Video- und Bilddateien herunter, auf denen der sexuelle Missbrauch unter 14 Jahre alter Mädchen und Jungen durch Erwachsene in grob anreißerischer (pornografischer) Weise dargestellt werden. Auf diesen Video- und Bilddateien wurden sexuelle Handlungen von Kindern untereinander bzw. an sich selbst oder die grob anreißerische Zurschaustellung der Geschlechtsteile der Kinder dargestellt. Diese Video- und Bilddateien ließ sich der Angeklagte von anderen Internetteilnehmern übermitteln.

Diese Dateien wurden in einem sogenannten ‚Cache-Speicher‘ auf seinem PC, seinem Laptop und seiner Festplatte abgespeichert. Anlässlich einer Durchsuchung am 23.04.2014 wurden bei ihm auf diesen Dateidatenträgern insgesamt mindestens 2.717 Dateien mit den oben beschriebenen Bildern und 23 Dateien mit entsprechenden Bildfolgen (Videodateien) gefunden. Diese Bild- und  Videodateien wurden allesamt im Cache-Speicher gesammelt.

Die juristische Einordnung

Der objektive Tatbestand des § 184b Abs. 3 StGB ist erfüllt (Strafrahmen Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe, Verschärfung aufgrund des am 22. Januar 2015 in Kraft getretenen Gesetzes vom 21. Januar 2015 (BGBl. I S. 10)).

Bei den sichergestellten
Dateien handelt es sich um kinderpornographisches Material. Hierauf sind eindeutig
sexuelle Handlungen zu sehen.

Achtung!

Der Besitz kinderpornographischer
Schriften ist auch dann gegeben, wenn die entsprechenden Dateien allesamt lediglich in
einem Cache Speicher aufgefunden werden.

Schon wer bewusst und gewollt Seiten mit kinderpornografischem Inhalt aus dem
Internet aufruft und auf den Bildschirm seines Computers betrachtet, unternimmt es, sich
den Besitz von kinderpornografischen Schriften zu verschaffen. ...

Strafurteil

Rechtskräftig verurteilt wurde der angeklagte Arzt zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 80,00 €.

Von der Verurteilung machte die Staatsanwaltschaft der zuständigen Ärztekammer nach 10 Monaten (!) Mitteilung gemäß Mistra Nr. 26 (Nr. 26 der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen).

Mit Bescheid vom 28. Juni 2019 widerrief die Ärztekammer die Approbation
des Klägers zur Ausübung des ärztlichen Berufes.

Rechtsgrundlage für den Widerruf der Approbation ist § 5 Abs. 2 Satz 1 Bundesärzteordnung (BÄO).
Danach ist die Approbation zu widerrufen, wenn nachträglich eine Voraussetzung für ihre Erteilung
nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO weggefallen ist, d.h. wenn sich der Betroffene nach Erteilung der
Approbation eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder
Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes ergibt. Die Voraussetzungen waren vorliegend nach Auffassung der Ärztekammer sowie des Verwaltungsgerichts erfüllt.

Stichwort " Wiedererlangung der Würdigkeit"

In den Fällen des Widerrufs der Approbation wegen Unwürdigkeit setzt die Wiedererlangung der Würdigkeit voraus, dass sich an der zum Widerruf führenden Sachlage nachweislich etwas „zum Guten geändert hat“ (Nds. OVG, Beschluss vom 29. Juli 2015 - 8 ME 33/15 -, juris, Rn. 20), mithin der Arzt das für die Ausübung seines Berufes erforderliche Ansehen und Vertrauen zurückerlangt hat, was regelmäßig einen längeren inneren Reifeprozess zur Kompensation der zutage getretenen charakterlichen Mängel erfordert (ebenda, Rn. 21), wobei regelmäßig von mindestens fünf Jahren bei gravierenden Verfehlungen wie hier außerhalb des beruflichen Wirkungskreises und von regelmäßig mindestens acht Jahren bei gravierenden Verfehlungen im beruflichen Wirkungskreis ausgegangen werden kann (ebenda).
Vorhergehende
Vorläufiges Berufsverbot nach § 132a StPO und Honorarberichtigung nach § 106 SGB V
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