04.04.2025
Das Urteil des Bundesgerichtshofs (1 StR 285/24) vom 17. Oktober 2024 zur Körperverletzung im Amt zwingt zu einer erneuten Auseinandersetzung mit den Grenzen polizeilichen Handelns und den Anforderungen an die Beurteilung von Notwehr (§ 32 StGB) und Erlaubnistatbestandsirrtum (§ 16 Abs. 1 StGB analog) im Einsatz. Der BGH hob das Urteil des Landgerichts Mannheim auf, da es Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufwies.
Kern der Entscheidung ist die Bewertung der Faustschläge eines Polizeibeamten gegen einen psychisch kranken Mann während dessen Festhalten zur Rückführung in ein Krankenhaus. Der BGH stellte fest, dass bezüglich der ersten beiden Schläge objektiv eine Notwehrlage bestand, da der Geschädigte den Beamten angriff. Die Verneinung der Erforderlichkeit dieser Schläge durch das Landgericht beanstandete der BGH mit Blick auf die dynamische Situation und die Gegenwehr des Geschädigten, einschließlich eines Bissversuchs. Überhöhte Anforderungen an die in einer zugespitzten Situation zu treffende Entscheidung seien unzulässig. Eine generelle Einschränkung des Notwehrrechts für Polizeibeamte bestehe nicht.
Bezüglich der zwei weiteren Schläge erkannte der BGH zwar keine Notwehrlage mehr, rügte aber das Versäumnis des Landgerichts, sich mit einem möglichen Erlaubnistatbestandsirrtum auseinanderzusetzen. Der Angeklagte hatte angegeben, er habe befürchtet, der Geschädigte wolle einen gefährlichen Gegenstand hervorholen. Hierzu hätte das Landgericht Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten treffen müssen. Ebenso bemängelte der BGH die formelhafte Ablehnung des § 33 StGB (Notwehrexzess), da auch hier Feststellungen zur inneren Tatseite erforderlich gewesen wären.
Die Entscheidung des BGH ist grundsätzlich begrüßenswert, da sie die Notwendigkeit einer differenzierten Prüfung von Notwehrhandlungen im Kontext polizeilicher Zwangsanwendung betont und subjektive Tatbestandsmerkmale wie den Erlaubnistatbestandsirrtum stärker in den Fokus rückt. Die Klarstellung, dass das Notwehrrecht von Polizeibeamten nicht per se eingeschränkt ist, erscheint sachgerecht.
Kritisch anzumerken bleibt jedoch die potenzielle Schwierigkeit für Instanzgerichte, die nun in dynamischen Einsatzlagen die ex-ante-Sicht des handelnden Beamten hinsichtlich der Erforderlichkeit von Maßnahmen und seiner subjektiven Gefahreneinschätzung detailliert rekonstruieren und bewerten müssen. Die Unterscheidung zwischen den ersten und weiteren Schlägen und die Anforderung, das Vorstellungsbild des Angeklagten bezüglich einer möglichen Gegenstandsentnahme zu ermitteln, könnten in der praktischen Anwendung zu erheblichen Beweis- und Abgrenzungsschwierigkeiten führen.
Darüber hinaus wirft die Entscheidung die Frage auf, inwieweit die spezifische Ausbildung und Ausrüstung von Polizeibeamten bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Notwehrhandlungen angemessen berücksichtigt wird. Zwar betont der BGH die fehlende generelle Einschränkung des Notwehrrechts, doch bleibt unklar, ob und inwieweit von einem ausgebildeten Beamten in bestimmten Situationen erwartet werden kann, deeskalierende oder weniger invasive Mittel in Betracht zu ziehen, bevor es zu körperlicher Gewalt kommt.
Die Zurückverweisung der Sache bietet die Chance für eine umfassendere Aufklärung, birgt aber auch die Gefahr, dass die Grenzen zulässigen polizeilichen Handelns im Einsatz weiterhin unscharf bleiben, was sowohl für die betroffenen Beamten als auch für die Bürger Rechtsunsicherheit bedeuten kann. Eine klare und praktikable Richtlinie, die sowohl die Entschlusskraft der Einsatzkräfte schützt als auch die Grundrechte der Bürger wahrt, bleibt eine zentrale Herausforderung.
Berlin, 04.04.2025, RA Ky.
Das Schöffenamt im Strafprozess wird kritisch gesehen. PD Dr. Oliver Harry Gerson argumentiert in seinem Beitrag auf LTO vom 8. April 2025, dass die Beteiligung von Laienrichter im Strafverfahren kaum einen Mehrwert für die Entscheidungsfindung hat. Er bezweifelt, dass Schöffen ohne juristische Fachkenntnisse die Rechtsanwendung unterstützen oder Fehler aufdecken können. Auch ihr vermeintliches "Lebenswissen" wird infrage gestellt, da weder Juristen noch Laien einen privilegierten Zugang zur Wahrheit hätten.
Ein wesentlicher Kritikpunkt ist die Gefahr der politischen Instrumentalisierung des Schöffenamtes durch extremistische Kräfte. Da die Vorschlagslisten kommunal erstellt werden, könnten rechtsstaatsfeindliche Akteure versuchen, ideologisch voreingenommene Personen in die Justiz einzuschleusen.
Die Institution des Schöffenamtes basiert laut Gerson auf einem historisch gewachsenen Misstrauen gegenüber der Justiz und sei angesichts der Professionalisierung des Rechts ein "überholtes Ornament des Misstrauens". Die Auswahl der Schöffen erfolgt ohne spezifische Anforderungen, und ihre Beiträge zur Rechtsprechung sind bestenfalls subjektiv. Der hohe Verwaltungsaufwand für die Bestimmung und Wahl der Schöffen steht in keinem angemessenen Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen. Oftmals werden Schöffen auch unfreiwillig verpflichtet.
Aus langjähriger Erfahrung als forensisch tätiger Strafverteidiger kann ich diese Kritik bestätigen. Die juristische Bewertung komplexer Sachverhalte durch Laien ist oft wenig fundiert, völlig intransparent. Die Hoffnung auf einen substanziellen Beitrag von "Lebenswissen" erweist sich als illusionär. Die Gefahr ideologischer Einflüsse auf faire Strafverfahren steigt besorgniserregend.
Gerson schließt, dass eine grundsätzliche Reform oder gar Abschaffung der Schöffenbeteiligung im Strafrecht vor der nächsten Wahlperiode ab 2029 eine dringende Angelegenheit sei.
Als langjährig forensisch tätiger Rechtsanwalt kann ich diese kritischen Anmerkungen nur bestätigen.
Berlin, 08.04.2025, Kyr RA
Der Richter muss unparteiisch sein – und den Anschein der Unparteilichkeit wahren
Das Vertrauen in die Justiz ist das Fundament unseres Rechtsstaates. Dieses Vertrauen basiert maßgeblich auf der Vorstellung, dass Richter unparteiisch entscheiden. Ein fairer Prozess setzt voraus, dass das Gericht ohne Bevorzugung oder Benachteiligung einer Seite den Sachverhalt feststellt und das Recht anwendet. Doch was passiert, wenn dieser Anschein der Neutralität erschüttert wird? Eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 1. April 2025 im sogenannten „Eiskellermord“-Fall aus Traunstein zeigt, dass auch auf Verfahrensebene die strikte Einhaltung der Prinzipien entscheidend ist – und deren Verletzung zur Aufhebung eines Urteils führt.
Der BGH hob das Urteil des Landgerichts Traunstein auf, mit dem der Angeklagte unter anderem wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt worden war. Der Grund war eine erfolgreiche Verfahrensrüge des Angeklagten wegen Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden Richterin.
Was war geschehen? Im Laufe der Hauptverhandlung tauschte sich die Vorsitzende Richterin per E-Mail mit dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft über den zugrunde zu legenden Sachverhalt, die Beweislage und mögliche rechtliche Bewertungen aus. Diese Korrespondenz diskutierte zentrale Fragen des Falles, wie den Tatvorsatz beim ersten Angriff (Körperverletzungs- vs. Tötungsvorsatz) und die rechtliche Einordnung des Gesamtgeschehens (Heimtückemord wie angeklagt oder gefährliche Körperverletzung in Tatmehrheit mit Verdeckungsmord bzw. Totschlag). Solche tiefgehenden Erörterungen des Inbegriffs der Hauptverhandlung gehören an sich in die geheime Kammerberatung.
Das Problem: Diese E-Mails wurden nicht den anderen Verfahrensbeteiligten – insbesondere der Verteidigung – mitgeteilt. Die Vorsitzende nahm sie stattdessen zu einem Sonderheft („Nachermittlungen II“), während sie nicht zur Hauptakte gelangten. Erst als die Verteidigung zufällig Einsicht in das Sonderheft nahm, entdeckte sie die Korrespondenz und lehnte die Berufsrichter wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.
Der BGH stellte klar: Die Besorgnis der Befangenheit ist nicht gleichbedeutend damit, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Entscheidend ist vielmehr, ob ein Verfahrensbeteiligter – hier der Angeklagte – bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, dass der Richter eine innere Haltung einnimmt, die die gebotene Unparteilichkeit störend beeinflussen kann. Dieser Maßstab ist der Standpunkt eines besonnenen Angeklagten.
Aus Sicht eines solchen besonnenen Angeklagten konnte der Eindruck entstehen, dass die Vorsitzende Richterin sich „heimlich an ihm vorbei“ ihre Überzeugung bilden wollte und sich dabei ihrer Neutralität begeben hatte. Einseitige Fühlungnahmen des Gerichts mit einem Verfahrensbeteiligten außerhalb der Hauptverhandlung müssen stets unter Wahrung der gebotenen Zurückhaltung erfolgen, um jeden Anschein der Parteilichkeit zu vermeiden. Eine einseitige Erörterung des Sachverhalts und der Beweiswürdigung in solcher Tiefe mit der Staatsanwaltschaft und deren Nichtoffenlegung gegenüber den anderen Beteiligten rechtfertigt nach Ansicht des BGH die Besorgnis der Befangenheit. Dies gilt insbesondere, wenn die E-Mails nicht einmal zur Hauptakte genommen werden, sondern in einem Sonderordner landen.
Auch die später von der Vorsitzenden unaufgefordert abgegebene dienstliche Stellungnahme im Revisionsverfahren konnte die Bedenken nicht ausräumen. Sie ließ vielmehr ein Fehlen der gebotenen richterlichen Distanz erkennen, da sie nicht nur Tatsachen benannte, sondern umfangreich darlegte, wie sie die Befangenheitsrüge einschätzte und gar die Verteidigung für weitere Rechtsgespräche als „obsolet“ erklärte. Dienstliche Erklärungen abgelehnten Richtern dürfen sich nur zu den Tatsachen äußern, nicht aber Spekulationen über die Motive des Gesuchs anstellen oder gar die eigene Unbefangenheit beteuern – letzteres ist "Unfug", wie Thomas Fischer in seinem Gastbeitrag zur Entscheidung treffend bemerkt.
Der Fall Traunstein und die Klarstellung des BGH sind eine wichtige Mahnung: Transparenz im Verfahren ist unerlässlich. Diskussionen über den Kern des Falles mit nur einer Partei hinter verschlossenen Türen oder in nicht zugänglichen Akten dürfen nicht toleriert werden. Sie nähren den Verdacht, dass es sich nicht um ein offenes Verfahren, sondern um ein Zusammenwirken („Wir gegen sie“) handelt, was das Vertrauen in die Unparteilichkeit des Gerichts fundamental beschädigt.
Als Strafverteidiger kämpfen wir tagtäglich für die Rechte unserer Mandanten und die Grundprinzipien eines fairen Verfahrens. Die Besorgnis der Befangenheit ist dabei kein bloßes „verfahrenstaktisches“ Mittel, sondern ein wesentlicher Mechanismus zur Sicherung der richterlichen Neutralität und des Vertrauens in die Justiz. Die Entscheidung des BGH ist ein klares Signal dafür, dass die Unparteilichkeit nicht nur eine innere Haltung ist, sondern sich auch in transparentem und offenem Verfahrenshandeln zeigen muss.
Ein Richter muss nicht nur unparteiisch sein, er muss dies auch für jeden Verfahrensbeteiligten erkennbar machen. Der BGH hat in diesem Fall das Notwendige getan, um dieses Grundprinzip zu verteidigen. Die Sache wurde an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen, die nun von Neuem entscheiden muss. Das ist anstrengend für alle Beteiligten, aber ein notwendiger Preis für die Wahrung des Rechtsstaates.
Berlin, 30.04.2025, RA Ky
24.03.2025
Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30. Januar 2025 (5 StR 528/24) ist eine entscheidende Weichenstellung für die Verwertbarkeit von EncroChat-Daten in Strafverfahren, insbesondere solchen, die Cannabisdelikte betreffen und in die Zeit vor dem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes (KCanG) fallen. Die Entscheidung des 5. Strafsenats nimmt explizit Bezug auf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin I, welches Freisprüche in mehreren Fällen des Handeltreibens mit Cannabisprodukten ausgesprochen hatte. Das Landgericht hatte die EncroChat-Kommunikation als alleiniges Beweismittel angesehen und diese für unverwertbar erklärt, da der Handel mit Cannabis in nicht geringer Menge seit dem 1. April 2024 nicht mehr dem Katalog des § 100b Abs. 2 StPO unterfällt.
Der BGH hat diese Rechtsauffassung des Landgerichts nunmehr entschieden zurückgewiesen und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Kern der BGH-Entscheidung: Der Zeitpunkt zählt!
Die zentrale Aussage des BGH ist, dass die Frage der Beweisverwertung nach deutschem Recht (§ 261 StPO) erfolgt. Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Datenerhebung und -übermittlung der EncroChat-Daten ist der Zeitpunkt dieser Handlungen.
Zum Zeitpunkt der hier relevanten Taten (zwischen 2018 und 2020) und der daraufhin erfolgten Ermittlungen und der Übermittlung der Daten im Rahmen einer Europäischen Ermittlungsanordnung (EEA) aus Frankreich, war das KCanG noch nicht in Kraft.
Die angeklagten Handlungen stellten damals Straftaten nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG dar, welche vom Katalog des § 100b Abs. 2 StPO erfasst waren. Die spätere Änderung der Rechtslage durch das KCanG und die Herausnahme des Cannabis-Handels aus dem Katalog des § 100b Abs. 2 StPO begründet kein nachträgliches Beweisverwertungsverbot für diese zuvor rechtmäßig erlangten Daten.
Die Rolle der Europäischen Ermittlungsanordnung (EEA)
Der BGH setzt sich ausführlich mit den Anforderungen an die EEA auseinander und verweist auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) [18 ff., 29 ff.]. Er betont, dass die Verwertung der aufgrund einer EEA übermittelten Daten nach deutschem Recht erfolgt, die Rechtmäßigkeit der Übermittlung aber auch die Vergleichbarkeit der Ermittlungsmaßnahme im Anordnungsstaat (Frankreich) mit einer innerstaatlichen Maßnahme berücksichtigen muss (Art. 6 Abs. 1 lit. b RL EEA) [23, 36 ff.].
Der BGH stellt hierbei fest, dass die Anforderung der bereits vorliegenden EncroChat-Daten in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall unter denselben Bedingungen hätte angeordnet werden können10 . Er zieht hierfür die Online-Durchsuchung nach § 100b StPO als Vergleichsmaßnahme heran, deren Erkenntnisse den restriktivsten Verwendungsschranken des § 100e Abs. 6 StPO unterliegen [44 f., 54]. Selbst unter Berücksichtigung dieser hohen Anforderungen gelangt der BGH zu dem Ergebnis, dass die Datenanforderung rechtmäßig war [49, 54 f.].
Keine Anwendung des Meistbegünstigungsprinzips auf das Prozessrecht
Der BGH stellt klar, dass das in § 2 Abs. 3 StGB verankerte Meistbegünstigungsprinzip, welches bei Änderungen im materiellen Recht zur Anwendung des milderen Gesetzes verpflichtet, keine Anwendung auf das Prozessrecht findet [65 f.]. Die nachträgliche Änderung der materiell-rechtlichen Bewertung der Cannabisdelikte berührt somit nicht die Rechtmäßigkeit der während der Geltung des früheren Rechtszustandes zutreffend angewandten prozessualen Vorschriften zur Datenerhebung und -übermittlung.
Implikationen für die Verteidigungspraxis:
Die generelle Unverwertbarkeit von EncroChat-Daten in älteren Cannabisverfahren allein aufgrund des KCanG ist vom Tisch.
Verteidigungsstrategien, die ausschließlich auf dieser Argumentation basieren, dürften zukünftig kaum Erfolg haben.
Der Fokus muss weiterhin auf der detaillierten Prüfung der Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Datenerhebung und -übermittlung liegen. Dies beinhaltet die genaue Analyse der Voraussetzungen der EEA, der französischen Rechtsgrundlagen für die EncroChat-Maßnahmen und der Einhaltung der Verfahrensvorschriften.
Die Verhältnismäßigkeit der ursprünglichen Ermittlungsmaßnahme bleibt ein wichtiger Angriffspunkt. Auch wenn der BGH die grundsätzliche Vergleichbarkeit mit § 100b StPO sieht, können im Einzelfall Argumente gegen die Verhältnismäßigkeit vorgebracht werden.
Das Inkrafttreten des KCanG kann weiterhin relevant für die Strafzumessung sein. Gemäß § 2 Abs. 3 StGB ist das mildeste Gesetz anzuwenden. Dies kann dazu führen, dass das Gericht bei der Strafzumessung die Regelungen des KCanG berücksichtigt, was möglicherweise zu milderen Strafen führen kann [61 ff.].
Die Argumentation des BGH stützt sich maßgeblich auf den Zeitpunkt der Datenanforderung und -übermittlung. Verteidiger sollten daher genau prüfen, wann diese Schritte erfolgt sind und welcher Rechtsrahmen zu diesem Zeitpunkt galt.
Fazit:
Das BGH-Urteil (5 StR 528/24) festigt die Verwertbarkeit von EncroChat-Daten auch in Fällen von Cannabisdelikten, die vor dem Inkrafttreten des KCanG begangen wurden. Die Einführung des neuen Gesetzes führt nicht zu einer automatischen Unverwertbarkeit. Für die Verteidigung bedeutet dies, dass der Fokus weiterhin auf der Rechtmäßigkeit der Datengewinnung und -übermittlung liegen muss, während die materiell-rechtlichen Änderungen durch das KCanG primär im Rahmen der Strafzumessung relevant werden können. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Gründen dieser wichtigen Entscheidung ist für jeden Strafverteidiger unerlässlich.
Berlin, 24.03.2025, RA Ky.
Datum: 19.03.2025
Die Entscheidung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 21. Januar 2025 – 1 StR 525/24) zur Aufhebung des Urteils des Landgerichts Ellwangen (Jagst) im Sicherungsverfahren gegen einen an paranoider Schizophrenie leidenden Beschuldigten verdient aus Sicht der Strafverteidigung besondere Beachtung. Der BGH hob das Urteil auf, mit dem die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden war, da keine rechtsfehlerfreien Feststellungen zu einem Eingangsmerkmal des § 20 StGB vorlagen.
Diese Entscheidung unterstreicht die hohen Anforderungen des BGH an die Begründung von Entscheidungen, die tief in die Grundrechte des Beschuldigten eingreifen. Im vorliegenden Fall bemängelte der BGH insbesondere, dass die Urteilsgründe nicht nachvollziehbar darlegten, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Taten konkret auf die Handlungsmöglichkeiten des Beschuldigten ausgewirkt hat.
Besonders relevant für die Verteidigung sind folgende Aspekte der BGH-Entscheidung:
Der BGH rügt, dass das Landgericht nicht hinreichend begründet hat, warum die Erkrankung des Beschuldigten seine Einsichtsfähigkeit unberührt ließ, seine Steuerungsfähigkeit jedoch vollständig aufgehoben gewesen sein soll. Dies ist ein zentraler Punkt für die Verteidigung, da gerade das Auseinanderklaffen von Einsichts- und Steuerungsfähigkeit einer besonders sorgfältigen Begründung bedarf.
Der BGH beanstandet das Fehlen konkreter Ausführungen dazu, wie sich die Erkrankung im Zeitpunkt der einzelnen Taten jeweils geäußert hat. Allgemeine Feststellungen zur Grunderkrankung genügen demnach nicht; es bedarf einer tatbezogenen Analyse. Die Verteidigung sollte hier kritisch prüfen, ob die Gutachten und die darauf basierenden gerichtlichen Feststellungen diese Detailliertheit aufweisen.
Der BGH moniert, dass sich das Urteil nicht dazu verhält, ob die Taten des Beschuldigten auch normalpsychologisch erklärbar wären, insbesondere die Körperverletzungshandlungen im Zusammenhang mit Diebstählen. Dies eröffnet für die Verteidigung die Möglichkeit, alternative Erklärungsansätze für das Verhalten des Mandanten zu prüfen und in die Argumentation einzubringen.
Der BGH betont, dass allein die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie nicht automatisch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit führt. Vielmehr sind konkretisierende und widerspruchsfreie Darlegungen erforderlich, wie sich die Störung auf die Handlungsmöglichkeiten in der konkreten Tatsituation ausgewirkt hat.
Diese Entscheidung des BGH ist ein wichtiger Erfolg für die Rechte von Beschuldigten in Sicherungsverfahren. Sie verdeutlicht, dass richterliche Entscheidungen, die auf psychiatrischen Gutachten beruhen, einer strengen sachlich-rechtlichen Überprüfung unterliegen und dass pauschale Übernahmen von Gutachterergebnissen ohne detaillierte Auseinandersetzung mit den konkreten Tatumständen und den Auswirkungen der Erkrankung nicht ausreichend sind.
Für die strafverteidigerische Praxis bedeutet dies, dass in Fällen, in denen die Schuldfähigkeit des Mandanten aufgrund psychischer Erkrankungen in Frage steht, eine äußerst sorgfältige Prüfung der Gutachten und der gerichtlichen Feststellungen unerlässlich ist. Die Verteidigung sollte insbesondere auf eine detaillierte, tatbezogene Analyse der Auswirkungen der Erkrankung auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit drängen und alternative, nicht krankheitsbedingte Erklärungen für das Verhalten des Beschuldigten in Betracht ziehen. Die vorliegende Entscheidung des BGH liefert hierfür wichtige Argumentationsansätze und stärkt die Position der Verteidigung im Hinblick auf die kritische Hinterfragung psychiatrischer Gutachten und gerichtlicher Entscheidungen in Sicherungsverfahren.
Im Vergleich zu dem von uns bereits erörterten Urteil zur Verwertbarkeit von ANOM-Daten (1 StR 54/24), bei dem der BGH die prozessualen Hürden für die Anfechtung von Beweismitteln ausländischer Ermittlungsbehörden relativ hoch ansetzte, zeigt die vorliegende Entscheidung, dass der BGH im Bereich des materiellen Strafrechts, insbesondere bei der Frage der Schuldfähigkeit und den damit verbundenen tiefgreifenden Eingriffen in die Freiheit des Beschuldigten, eine deutlich strengere Prüfung der gerichtlichen Begründungen vornimmt. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der BGH-Rechtsprechung je nach betroffenem Rechtsgebiet.
19.03.2025
Die Entscheidung des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (6 StR 65/24) vom 6. Februar 2025 im Revisionsverfahren wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. offenbart einmal mehr die Zerrissenheit zwischen formaljuristischer Korrektheit und der emotionalen Wucht eines Deliktsfeldes, das zutiefst verstört und verbittert zurücklässt.
Der Teilerfolg der Revision des Angeklagten, der zur Aufhebung der Strafen in den Fällen II.4a bis 4f und der Gesamtstrafe führte, mag auf den ersten Blick als ein Lichtblick für die Verteidigung erscheinen. Er ist jedoch primär einer Änderung des Strafrahmens des § 184b Abs. 3 StGB geschuldet, die im Revisionsverfahren als milderes Gesetz Anwendung fand (§ 2 Abs. 3 StGB). Dass das Landgericht Cottbus bei seiner Strafzumessung diesen Umstand nicht berücksichtigen konnte, ist ein formaljuristischer Fehler, der die Korrektur durch den BGH erforderlich machte.
Doch diese juristische Spitzfindigkeit ändert nichts an dem entsetzlichen Leid der Opfer und der Abscheulichkeit der Taten, die dem Angeklagten zur Last gelegt werden. Als Strafverteidiger ist man in solchen Verfahren mit einer emotionalen Belastung konfrontiert, die kaum zu ertragen ist [Gesprächsverlauf]. Einerseits ist es unsere Pflicht, die Rechte des Beschuldigten zu wahren. Andererseits steht man fassungslos vor den menschlichen Abgründen, die sich in den Anklagevorwürfen offenbaren.
Die Verbitterung rührt daher, dass der Fokus der juristischen Auseinandersetzung manchmal auf formalen Aspekten wie Strafrahmenänderungen liegt, während die tieferliegende Tragödie des sexuellen Missbrauchs in ihrer ganzen Grausamkeit fortbesteht. Der BGH hebt zwar Strafen auf, weil ein Gesetz nachträglich milder wurde. Dies mag im Einzelfall zu einer geringeren Sanktionierung führen, ändert aber nichts an der Tatsache, dass schwerste Verbrechen an Kindern begangen wurden.
Es ist frustrierend, in einem solchen Klima zu agieren, in dem die öffentliche Meinung oft eine differenzierte Betrachtung des Einzelfalls kaum zulässt und die Verteidigung nicht selten mit den Tätern gleichgesetzt wird. Die Aufrechterhaltung der Schuldsprüche in den übrigen Punkten und des Maßregelausspruchs zeigt, dass die grundlegende Verantwortung des Angeklagten weiterhin besteht.
Der Teilerfolg der Revision ist somit ein zweischneidiges Schwert. Er mag juristisch notwendig sein, doch er darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Deliktsfeld des sexuellen Missbrauchs von Kindern eine fortwährende Quelle der Verzweiflung und Verbitterung für alle Beteiligten darstellt – insbesondere für die Opfer, aber auch für jene, die im Rahmen des Rechtsstaats mit diesen entsetzlichen Taten konfrontiert werden. Die wahre Herausforderung besteht weiterhin darin, diese Verbrechen zu verhindern und die Opfer zu schützen, während wir als Verteidiger in diesem Spannungsfeld unserer professionellen Verantwortung nachkommen müssen.
Berlin, 19.03.2025, RA Ky.
Die Entscheidung des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 19. Februar 2025 – 6 StR 526/24) zur Revision des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen ein Urteil des Landgerichts Schwerin wegen Beihilfe zum Diebstahl unterstreicht aus strafverteidigerischer Sicht die hohen Anforderungen an die Urteilsbegründung und die Notwendigkeit konkreter Feststellungen zum Tatbeitrag des Angeklagten.
Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Beihilfe zu einem besonders schweren Fall des Diebstahls verurteilt, sah ihn aber nicht als Mittäter eines schweren Bandendiebstahls an. Sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft legten Revision ein, die beide erfolgreich waren und zur Aufhebung des Urteils führten.
Aus Verteidigersicht sind folgende Punkte von besonderer Bedeutung:
Der BGH beanstandet zunächst gravierende formelle Mängel der Urteilsgründe gemäß § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO. Die Urteilsgründe ließen keine geschlossene und nachvollziehbare Darstellung des strafbaren Verhaltens des Angeklagten erkennen. Es war nicht ersichtlich, durch welches konkrete Verhalten sich der Angeklagte der Beihilfe zum Diebstahl schuldig gemacht haben soll, da entsprechende Feststellungen fehlten.
Insbesondere konnte der BGH den Feststellungen des Landgerichts keine konkrete Beihilfehandlung des Angeklagten entnehmen. Die Annahme des Landgerichts, dem Angeklagten sei lediglich die Rolle eines Gehilfen zugekommen, blieb ohne nachvollziehbare Darlegung der konkreten Unterstützungshandlung in Bezug auf die Fahrzeugdiebstähle.
Auch die Beweiswürdigung des Landgerichts hielt revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand und erwies sich in mehrfacher Hinsicht als lückenhaft. Die Schlussfolgerungen des Landgerichts bezüglich des Kontakts des Angeklagten zu den Haupttätern, seiner angeblichen Bereitschaft als Fahrer und der Bedeutung mitgeführter Gegenstände wie Lederhandschuhe waren nicht ausreichend belegt und nachvollziehbar dargelegt. Es blieb unklar, worauf das Landgericht seine Überzeugung stützte, dass der Angeklagte bestimmte Handlungen vorgenommen oder bestimmte Absichten gehabt habe.
Die Erwägungen des Landgerichts zur psychischen Beihilfe ersetzten nicht die erforderliche Feststellung einer konkreten Beihilfehandlung. Es fehlten genauere Feststellungen zur objektiv fördernden Funktion der Handlung und zur entsprechenden Willensrichtung des Gehilfen, insbesondere zum Inhalt und Zeitpunkt der Kommunikation mit den Haupttätern und zur Willensrichtung des Angeklagten.
Die Aufhebung des Urteils aufgrund dieser wesentlichen Verfahrens- und Begründungsmängel ist aus Verteidigersicht konsequent und unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Tatsachenfeststellung und einer lückenlosen Darstellung des Tatgeschehens im Urteil. Die Entscheidung des BGH mahnt die Tatgerichte, den Beitrag eines jeden Angeklagten präzise zu ermitteln und in den Urteilsgründen nachvollziehbar darzulegen, insbesondere wenn es um die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme geht. Die Sache wird nun an eine andere Strafkammer des Landgerichts zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Es bleibt abzuwarten, ob im neuen Verfahren eine tragfähige Grundlage für eine Verurteilung des Angeklagten geschaffen werden kann. Für die Verteidigung bietet diese Entscheidung wertvolle Argumentationsansätze hinsichtlich der Beweiswürdigung und der Anforderungen an die Feststellung einer Beihilfehandlung.
Berlin, 19.03.2025, RA Ky
Die Entscheidung des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 7. Januar 2025 – 6 StR 583/24) zur Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Coburg wegen versuchten Totschlags u.a. verdient aus strafverteidigerischer Sicht besondere Beachtung, da sie die Anforderungen an die Begründung der Schuldfähigkeit im Hinblick auf psychische Störungen des Angeklagten erheblich schärft.
Das Landgericht hatte die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten trotz einer diagnostizierten akuten polymorphen psychotischen Störung (ICD-10: F23.0) als nicht aufgehoben angesehen. Der BGH hob das Urteil jedoch auf, da die Begründung des Landgerichts zur Schuldfähigkeit rechtlicher Überprüfung nicht standhielt.
Aus Verteidigersicht sind folgende Punkte besonders hervorzuheben:
Der BGH betont, dass die Prüfung der Schuldfähigkeit mehrstufig erfolgt und neben dem Vorliegen einer psychischen Störung auch deren Ausprägungsgrad und Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Täters zu untersuchen sind. Entscheidend ist, in welcher Weise sich die festgestellte Störung konkret auf die Handlungsmöglichkeiten und die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten in der Tatsituation ausgewirkt hat.
Der BGH rügt, dass das Landgericht die Schuldfähigkeitsprüfung unzulässigerweise verengt habe, indem es eine vollständige Aufhebung der Steuerungsfähigkeit nur bei dem vom Angeklagten geschilderten Wahnvorstellungsbild eines sich in einen Zombie verwandelnden Opfers in Betracht zog. Angesichts der festgestellten wahnhaften Verfolgungsideen, der Angst vor einem Rauswurf und der übersteigerten Angst und Panik hätte das Landgericht nachvollziehbar darlegen müssen, warum diese krankheitsbedingten Beeinträchtigungen die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nicht zumindest ausschließbar aufgehoben haben.
Die Erwägung des Landgerichts, dem Angeklagten sei der „Mangel“ vorzuwerfen, nicht adäquat seines erkannten Unrechts gehandelt zu haben, weil ihm „Handlungsalternativen bekannt“ gewesen seien, wird vom BGH als nicht tragfähig beanstandet. Insbesondere fehle es an der Mitteilung, worin diese Handlungsalternativen bestanden haben sollen, und es erschließe sich nicht, dass dem Angeklagten angesichts seines wechselnden affektiven Zustandsbildes eine willentliche Auswahl möglich gewesen wäre.
Der Schluss des Landgerichts aus der ruhigen Ankündigung der Tötungsabsicht auf eine erhaltene Schuldfähigkeit wird vom BGH als unzureichend bewertet, da Steuerungsfähigkeit nicht mit zweckrationalem Verhalten verwechselt werden dürfe. Auch bei geplantem Vorgehen könne die Fähigkeit, Anreize und Hemmungsvorstellungen abzuwägen, erheblich eingeschränkt sein.
Auch die Bedeutung, die das Landgericht dem folgsamen Verhalten gegenüber Polizeibeamten beimaß, wird vom BGH kritisiert, da der Zustand des Angeklagten sich schlagartig änderte und dies vom Sachverständigen als typisches Krankheitssymptom beschrieben wurde.
Die Aufhebung des Urteils betrifft den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch, wobei die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen bestehen bleiben können. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurückverwiesen, die die Schuldfähigkeit erneut unter Hinzuziehung eines Sachverständigen prüfen muss.
Für die strafverteidigerische Praxis bedeutet diese Entscheidung eine wichtige Stärkung der Anforderungen an die tatrichterliche Prüfung und Begründung der Schuldfähigkeit. Es genügt nicht, sich pauschal auf die Diagnose einer psychischen Störung zu beziehen oder einzelne Handlungen isoliert zu betrachten. Vielmehr ist eine detaillierte Auseinandersetzung mit den konkreten Auswirkungen der psychischen Beeinträchtigung auf die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit des Angeklagten im Zeitpunkt der Tatbegehung unerlässlich. Die Verteidigung wird in solchen Fällen verstärkt darauf achten müssen, dass das Tatgericht eine umfassende Würdigung aller relevanten Umstände vornimmt und die Begründung der Schuldfähigkeit den hohen Anforderungen des Revisionsgerichts genügt.
Berlin, 19.03.2025, RA Ky
Die Entscheidung des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 8. Januar 2025 – 6 StR 495/24) zur Revision der Staatsanwaltschaft gegen ein Urteil des Landgerichts Magdeburg wegen versuchten Totschlags verdient aus strafverteidigerischer Sicht eingehende Beachtung, da sie die Anforderungen an die Begründung der subjektiven Tatseite, insbesondere im Hinblick auf das Mordmerkmal der Heimtücke, signifikant schärft.
Das Landgericht hatte eine Verurteilung wegen versuchten Heimtückemordes abgelehnt, da es an der Ausnutzung der Arg- und Wehrlosigkeit der Nebenklägerin gefehlt habe. Der BGH hob das Urteil jedoch auf, da die Erwägungen des Landgerichts zum fehlenden Ausnutzungsbewusstsein keiner revisionsgerichtlichen Prüfung standhielten.
Aus Verteidigersicht sind folgende Punkte besonders hervorzuheben:
Der BGH beanstandet, dass der bloße Hinweis auf die „Situation“ für den Ausschluss des Ausnutzungsbewusstseins angesichts des festgestellten zielgerichteten tatvorbereitenden Verhaltens des Angeklagten (Erwägung des Bleistifts als Stichwerkzeug, Nachfrage nach einem Messer) unzureichend ist. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer detaillierten Auseinandersetzung des Tatgerichts mit den konkreten Handlungen des Angeklagten vor der eigentlichen Tathandlung.
Der BGH betont, dass das Landgericht hätte berücksichtigen müssen, dass es sich nach seiner eigenen Bewertung nicht um eine Spontantat handelte, da der Tatentschluss bereits beim ersten Verlassen des Tisches gefasst und erst nach einer Abwägungsphase umgesetzt wurde. Dies ist ein wichtiger Aspekt für die Verteidigung, um zu argumentieren, dass ein impulsives Handeln, das ein Ausnutzungsbewusstsein in Frage stellen könnte, gerade nicht vorlag.
Der BGH rügt ferner, dass das Landgericht die Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht erkennbar in den Blick genommen hat, insbesondere den Umstand, dass weder eine die Erkenntnisfähigkeit einschränkende Intoxikation noch ein tiefgreifender Erregungszustand vorlagen. Dies verdeutlicht, dass affektive Erregungen oder heftige Gemütsbewegungen nicht per se die Fähigkeit des Täters ausschließen, die Bedeutung der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers zu erkennen.
Der BGH weist das neue Tatgericht explizit darauf hin, auch das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe in den Blick zu nehmen, insbesondere den Wunsch des Angeklagten, die Nebenklägerin für ihr Verhalten zu bestrafen. Dies eröffnet für die Staatsanwaltschaft im neuen Verfahren eine weitere Möglichkeit, eine Mordanklage zu begründen, was die Verteidigung vor neue Herausforderungen stellen wird.
Für die strafverteidigerische Praxis bedeutet diese Entscheidung eine klare Stärkung der Anforderungen an die Urteilsbegründung in Bezug auf die subjektive Tatseite. Es genügt nicht mehr, pauschal auf die „Situation“ oder eine vermeintliche Spontaneität der Tat abzustellen, um das Ausnutzungsbewusstsein zu verneinen. Vielmehr ist eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem gesamten Tatgeschehen, einschließlich der Handlungen des Angeklagten vor der eigentlichen Tathandlung und seiner psychischen Verfassung, unerlässlich. Die Verteidigung wird in solchen Fällen verstärkt darauf achten müssen, dass das Tatgericht eine umfassende Beweiswürdigung vornimmt und alle relevanten Umstände bei der Beurteilung der subjektiven Tatseite berücksichtigt. Die Möglichkeit der erneuten Prüfung des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe erfordert zudem eine sorgfältige strategische Vorbereitung auf die neue Hauptverhandlung.
Die Aufrechterhaltung der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen schränkt die Verteidigungsmöglichkeiten in Bezug auf die Rekonstruktion des Ablaufs zwar ein, die Aufhebung des Schuld- und Strafausspruchs bietet jedoch die Chance auf ein milderes Urteil im wieder aufgenommenen Verfahren. Die Entscheidung des BGH unterstreicht somit die fortwährende Bedeutung der revisionsrechtlichen Überprüfung tatrichterlicher Entscheidungen, insbesondere wenn es um die komplexen Fragen der subjektiven Tatseite geht.
Berlin, 19.03.2025, RA Ky.
Die Entscheidung des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 16. Januar 2025 – 2 StR 544/24) betrifft die Revision eines wegen Vergewaltigung verurteilten Angeklagten und wirft aus strafverteidigerischer Sicht einige bemerkenswerte Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung zwingender Verfahrensvorschriften und den Umfang des Adhäsionsverfahrens.
Ein zentraler Punkt ist die durch das Protokoll belegte Verletzung des § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO, indem die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft die gesamte Anklageschrift einschließlich des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen verlas. Obwohl der BGH diesen Verfahrensfehler ausdrücklich feststellt, sieht er ausnahmsweise davon ab, eine Rücksendung der Strafakten anzuordnen, da er ausschließt, dass die Berufsrichter und Schöffen in ihrer Urteilsfindung maßgeblich von der vollständig verlesenen Anklageschrift und nicht allein vom Ergebnis der Hauptverhandlung beeinflusst wurden. Aus Verteidigersicht bleibt hier ein kritischer Beigeschmack, da die grundsätzliche Bedeutung des Mündlichkeits- und Unmittelbarkeitsgrundsatzes für eine faire Urteilsfindung gerade in schweren Fällen wie dem vorliegenden nicht leichtfertig als unerheblich abgetan werden sollte. Die Argumentation des BGH, gestützt auf die Einordnung der Schöffen in der heutigen Informationsgesellschaft, erscheint hier diskussionswürdig.
Der BGH korrigiert zugleich das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main dahingehend, dass eine Ersatzpflicht des Angeklagten für künftige, nicht vorhersehbare immaterielle Schäden der Adhäsionsklägerin nicht festgestellt werden kann. Der BGH betont zu Recht, dass der Schmerzensgeldanspruch grundsätzlich alle Schadensfolgen erfasst, die bereits eingetreten und erkennbar sind oder deren Eintritt vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden kann. Die Annahme weiterer, nicht vorhersehbarer immaterieller Schäden sei nicht ausreichend dargetan.
Weiterhin wird klargestellt, dass bezüglich der materiellen Schäden von einer Entscheidung über die weitergehenden Anträge abzusehen ist, da das Landgericht hinter dem Adhäsionsantrag zurückgeblieben war. Auch wenn dies primär eine formelle Korrektur darstellt, unterstreicht es die Notwendigkeit präziser Antragsstellung im Adhäsionsverfahren.
Die volle Kostenlast des Rechtsmittels für den Beschwerdeführer trotz des Teilerfolgs im Adhäsionsverfahren (§ 473 Abs. 4 StPO) sowie die Tragung der Kosten des Adhäsionsverfahrens (§ 472a Abs. 2 StPO) sind aus Verteidigersicht zwar nachvollziehbar, aber verdeutlichen die Risiken einer Revision, auch wenn in Teilbereichen Rechtsfehler erkannt werden.
Zusammenfassend zeigt die Entscheidung des BGH im vorliegenden Fall eine kritische Auseinandersetzung mit formellen Verfahrensvorschriften, deren Missachtung im Ergebnis jedoch als nicht revisionsbegründend angesehen wird. Positiv hervorzuheben ist die Korrektur des Adhäsionsausspruchs hinsichtlich künftiger immaterieller Schäden, was eine wichtige Klarstellung im Bereich des Schadensersatzrechts darstellt. Für die strafverteidigerische Praxis bleibt es unerlässlich, Verfahrensfehler präzise zu rügen und die Grenzen des Adhäsionsverfahrens kritisch zu prüfen, insbesondere im Hinblick auf zukünftige Schadensentwicklungen. Der vorliegende Beschluss des BGH liefert hierfür wichtige Anknüpfungspunkte.
Datum: 19.03.2025, RA Ky.
Datum: 19.03.2025
Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 9. Januar 2025 – 1 StR 54/24 – behandelt maßgeblich die Verwertbarkeit von Daten aus dem verschlüsselten Kommunikationsdienst ANOM im Rahmen eines Betäubungsmittelverfahrens sowie die Konsequenzen des am 1. April 2024 in Kraft getretenen Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis (KCanG) für das Urteil des Landgerichts Tübingen.
Zur Verwertbarkeit der ANOM-Daten:
Der BGH bestätigt grundsätzlich die Verwertbarkeit der über ANOM erlangten Nachrichten und weist die Revision des Angeklagten in diesem Punkt zurück.
Die Entscheidung betont, dass die Verwertbarkeit von im Wege der Rechtshilfe gewonnenen Beweisen primär nach dem nationalen Recht des ersuchenden Staates (Deutschland) beurteilt wird, sofern der ersuchte Staat die unbeschränkte Verwendung gestattet hat.
Der BGH sieht kein Beweisverwertungsverbot, weder aus völker- oder europarechtlichen Gründen noch aus deutschem Recht, trotz der mangelnden Offenlegung der ausländischen Gerichtsbeschlüsse und des fehlenden primären Rechtsschutzes für den Angeklagten.
Das Gericht stellt auf das staatliche Aufklärungsinteresse bei schweren Straftaten ab und bewertet den Eingriff in die Privatsphäre des Angeklagten als nicht unzumutbar, da die Kommunikation primär kriminelle Handlungen betraf.
Die Operation „T. “ wird nicht als anlasslose Massenausforschung qualifiziert, sondern als gezielte Maßnahme gegen Personen mit konkreten Verdachtsmomenten organisierter Kriminalität [61 ff.]. Der Erwerb eines ANOM-Endgeräts begründete demnach einen hinreichenden Anfangsverdacht.
Der BGH bekräftigt den Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens im Rechtshilfeverkehr, wonach zunächst von der Rechtmäßigkeit ausländischer Ermittlungshandlungen auszugehen ist. Belastbare Anhaltspunkte für ein rechtswidriges Vorgehen des ersuchten EU-Mitgliedstaates lägen nicht vor.
Auch ein Verstoß gegen den „fair trial“-Grundsatz wird verneint [66 ff.]. Der fehlende primäre Rechtsschutz gegen die ausländische Überwachungsmaßnahme führt nicht zur Unverwertbarkeit der Beweise, da der Wesensgehalt der betroffenen Grundrechte nicht verletzt sei [73 ff.].
Auswirkungen des KCanG:
Der BGH hat den Schuldspruch in 28 Fällen aufgrund des KCanG angepasst. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen der Angeklagte ausschließlich oder auch mit Cannabis gehandelt hat.
In den Fällen, in denen ausschließlich mit Marihuana oder Haschisch gehandelt wurde, erfolgte eine Teilaufhebung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe, da der Strafrahmen des § 34 Abs. 3 KCanG milder ist als § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG.
Hinsichtlich der Fälle, in denen neben Kokain auch Cannabis gehandelt wurde, blieben die Einzelstrafen unter Bezugnahme auf § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG bestehen, da der BGH ausschließt, dass das Landgericht unter Berücksichtigung des KCanG niedrigere Strafen verhängt hätte [21 f.].
Die Einziehungsanordnung wurde ebenfalls teilweise aufgehoben, da das Landgericht seine Überzeugung von einer gewinnbringenden Weiterveräußerung in vielen Fällen nicht auf konkrete Feststellungen zu Zahlungszuflüssen gestützt hatte [15 ff.].
Für die Beurteilung der Verwertbarkeit der ANOM-Daten ist der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Verwertung durch das Tatgericht maßgeblich.
Fazit für die juristische Praxis:
Die Entscheidung des BGH festigt die Linie zur grundsätzlichen Verwertbarkeit von im Rahmen internationaler Rechtshilfe erlangten Daten, auch wenn die zugrundeliegenden ausländischen Ermittlungsmaßnahmen nicht vollständig transparent sind und kein direkter Rechtsschutz für Betroffene bestand. Gleichzeitig zeigt das Urteil die Relevanz des neuen Cannabisgesetzes für laufende und zukünftige Betäubungsmittelverfahren, insbesondere in Bezug auf die Strafzumessung bei Cannabisdelikten und Mischfällen.
Strafverteidiger sind angehalten, die konkreten Auswirkungen des KCanG in ihren Mandaten sorgfältig zu prüfen und die Argumentationslinien zur Anfechtung der Verwertbarkeit von ANOM-Daten vor dem Hintergrund dieser Entscheidung kritisch zu reflektieren. Die Ausführungen zur Einziehung bieten weiterhin relevante Angriffspunkte.
Neue BGH-Entscheidung zur Körperverletzung mit Todesfolge und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs – Was bedeutet das für die Praxis?
Einleitung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 1. Oktober 2024 (Az. 1 StR 299/24) ein Urteil des Landgerichts Konstanz vom 30. Januar 2024 teilweise aufgehoben. Diese Entscheidung behandelt unter anderem die Themen Körperverletzung mit Todesfolge und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen und ist daher relevant für jeden Strafverteidiger, der mit solchen Fällen befasst ist.
Sachverhalt
Das Landgericht Konstanz hatte den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen, Körperverletzung mit Todesfolge und vorsätzlich unerlaubten Besitzes von Waffen und Munition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Angeklagte hatte sein späteres Tatopfer im Rahmen eines Beziehungsstreits geschlagen. Nach der Trennung fertigte er einen „Selfie-Stick“ an, um das Opfer in ihrer Wohnung zu filmen. Er filmte sie sitzend beim Fernsehen auf dem Sofa, und schlafend vor dem Fernseher sowie beim Geschlechtsverkehr mit ihrem neuen Lebensgefährten. Später brachte er einen GPS-Tracker am Fahrzeug des Opfers an. Schließlich verletzte er das Opfer im Rahmen eines erneuten Streits, woraufhin diese verstarb. In seiner Wohnung wurden diverse Schusswaffen und Munition gefunden, für die er keine Erlaubnis besaß.
Kernpunkte der BGH-Entscheidung
Teilweise Freisprechung: Der BGH hat den Angeklagten vom Vorwurf der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs in sieben Fällen (Fälle II. B. 2. bis 8. der Urteilsgründe) freigesprochen.
Revision im Übrigen verworfen: Die weitergehende Revision des Angeklagten wurde als unbegründet verworfen.
Keine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs: Der BGH argumentierte, dass das Filmen der Frau in ihrer Wohnung beim Fernsehen oder Schlafen, also bei neutralen Handlungen, keine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs darstellt.
Konnexität bei Beweisanträgen: Der BGH bestätigte die Anforderungen an die Konnexität zwischen Beweismittel und Beweistatsache bei Beweisanträgen. Er wies die Rüge der Verletzung des Beweisantragsrechts zurück, da der Angeklagte nicht ausreichend dargelegt habe, warum die benannte Zeugin etwas zur Tätigkeit des Angeklagten im fraglichen Zeitraum sagen könne.
Rechtliche Einordnung und Bedeutung
§ 201a StGB: Die Entscheidung verdeutlicht, dass nicht jede heimliche Bildaufnahme in einer Wohnung automatisch eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs darstellt. Es bedarf einer qualifizierten Verletzung der Intimsphäre.
Beweisantragsrecht (§ 244 StPO): Der BGH betont die Bedeutung der Konnexität zwischen Beweismittel und Beweisbehauptung. Es muss dargelegt werden, weshalb der benannte Zeuge überhaupt etwas zu dem Beweisthema bekunden kann.
Bedeutung für die Praxis
Diese Entscheidung des BGH zeigt, dass die Gerichte bei der Beurteilung von Fällen, die den § 201a StGB betreffen, genau prüfen, ob tatsächlich eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs vorliegt. Es kommt entscheidend auf die individuellen Umstände des Einzelfalls an. Dies betrifft die Art der Handlung, die gefilmt wurde, sowie den Kontext, in dem die Aufnahme entstanden ist.
Fazit
Die BGH-Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der Voraussetzungen für eine Strafbarkeit wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs. Insbesondere bei der Frage, ob eine Verletzung der Intimsphäre vorliegt, bedarf es einer genauen Analyse des Einzelfalls. Auch im Hinblick auf die Anforderungen an einen Beweisantrag zeigt die Entscheidung, dass die Konnexität zwischen Beweismittel und Beweisbehauptung ausreichend dargelegt werden muss.
Das ist an sich nicht mein Tätigkeitsgebiet. Ich werde zur Zeit aber regelmäßig angesprochen, weil es immer wieder passiert:
deshalb:
Erste Hilfe bei Überweisungsbetrug – So holen Sie Ihr Geld zurück
Internetbetrug ist ein wachsendes Problem, das jährlich Hunderttausende betrifft und Schäden in Millionenhöhe verursacht. Doch es gibt Wege, um verlorenes Geld zurückzuholen. Hier sind die wichtigsten Schritte und Tipps:
1. Schnell handeln
Kontaktieren Sie sofort Ihre Bank, wenn Sie einen Betrugsverdacht haben. Die Bank kann versuchen, die Überweisung zu stoppen oder eine Rückbuchung anzufordern.
Reichen Sie umgehend eine Strafanzeige bei der Polizei ein, um Ihren Fall zu dokumentieren.
2. Möglichkeiten zur Rückbuchung
Überweisung: Eine einmal getätigte Überweisung ist schwer rückgängig zu machen. Banken können jedoch die Empfängerbank kontaktieren. Erfolg ist nicht garantiert, besonders wenn das Geld bereits weitergeleitet wurde.
Kreditkarte: Zahlungen können im sogenannten Chargeback-Verfahren storniert werden – ideal bei Fake-Shops oder nicht gelieferter Ware.
PayPal: Der Käuferschutz greift bei Problemen mit Waren oder Dienstleistungen, sofern die Zahlung als „Waren und Dienstleistungen“ gekennzeichnet war.
3. Präventive Maßnahmen
Reduzieren Sie Ihr Überweisungslimit und sperren Sie im Verdachtsfall Ihr Online-Banking.
Nutzen Sie sichere Zahlungsmethoden wie Kreditkarten mit Haftungsschutz oder PayPal.
4. Anwaltliche Unterstützung
Ein Rechtsanwalt kann Ihre Erfolgschancen erheblich steigern, indem er Ihre Rechte durchsetzt und die Kommunikation mit der Bank übernimmt. Aber eigenes schnelles Handeln ist "key".
"Der Rechtsanwalt"
Wer fährt so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Anwalt mit seiner Akte geschwind;
Er hält sie sicher, er hält sie fest,
Er weiß, dass sie ihn nicht ruhen lässt.
„Mein Mandant, warum bangt dein Gesicht?“
„Siehst du nicht, Vater, die Gefahr dort im Licht?
Der Aktenkönig mit Krone und Schweif!“
„Mein Sohn, das ist nur der Zug, der eilt.“
„Du schöner Anwalt, komm mit mir!
Ich biete dir Siege und Ruhm dafür;
Dein Fall wird glänzen im hellen Saal,
Vertrau mir nur – ich bringe die Wahl.“
„Mein Kind, mein Fall – was flüsterst du leis?“
„Hörst du nicht, Vater? Sein Versprechen ist heiß!
Der Aktenkönig spricht zu mir fort –
Er lockt mich hinweg an einen dunklen Ort.“
„Beruhige dich, mein Kind, bleib still;
Es ist nur das Rattern des Zugs, das will.
Die Akte bleibt bei uns – wir kommen ans Ziel;
Das Gericht erwartet uns mit eisernem Spiel.“
„Lieber Anwalt, bist du nicht klug?
Dein Fall ist verloren trotz all deiner Tugend.
Gib auf die Mühe, gib auf den Streit –
Ich nehme die Akte in meine Zeit!“
„Mein Kind! Mein Fall! Was bedrückt dich so sehr?“
Doch die Akte wird schwerer, sein Herz umso mehr;
In Düsseldorf hält der Zug endlich an –
Die Akte liegt stumm in des Anwalts Hand.
Einleitung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 23. Oktober 2024 (Az. I ZR 67/23) ein zivilrechtliches Urteil zur Panoramafreiheit gefällt, das insbesondere die Nutzung von Luftaufnahmen betrifft. Diese Entscheidung ist relevant für jeden, der sich mit Urheberrecht, insbesondere im Bereich der bildenden Kunst und der Fotografie, auseinandersetzt.
Sachverhalt
Die Klägerin, ein Verein zur Wahrnehmung von Urheberrechten, beanstandete die Veröffentlichung von Luftbildaufnahmen von Kunstinstallationen in zwei Büchern der Beklagten, einem Buchverlag. Die Aufnahmen waren mittels einer Drohne gefertigt worden. Die Klägerin sah darin eine Urheberrechtsverletzung, da die Veröffentlichung ohne ihre Einwilligung erfolgte. Das Landgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht verminderte den Schadensersatz. Die Revision der Beklagten wurde vom BGH zurückgewiesen.
Kernpunkte der BGH-Entscheidung
Keine Panoramafreiheit bei Drohnenaufnahmen: Der BGH entschied, dass mit Hilfe einer Drohne angefertigte Luftaufnahmen nicht unter die Panoramafreiheit gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG fallen.
Panoramafreiheit beschränkt: Die Panoramafreiheit erlaubt nur die Nutzung von Werken, die Teil des von der Allgemeinheit wahrnehmbaren Straßen- oder Landschaftsbildes sind. Sie gilt nicht für Perspektiven, die nur durch besondere Hilfsmittel wie Drohnen zugänglich sind.
Urheberrechtsschutz: Die Klägerin ist zur Geltendmachung der Urheberrechte der betroffenen Künstler befugt. Die Veröffentlichung der Luftbildaufnahmen stellt eine Vervielfältigung und Verbreitung der Werke dar, die grundsätzlich dem Urheberrecht unterliegt.
Rechtliche Einordnung und Bedeutung
§ 59 UrhG (Panoramafreiheit): Die Entscheidung präzisiert die Grenzen der Panoramafreiheit. Diese Vorschrift erlaubt es, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, zu vervielfältigen und zu verbreiten. Der BGH stellt klar, dass dies nicht für Aufnahmen gilt, die aus der Luft mit Drohnen gefertigt wurden.
§§ 15, 16, 17 UrhG (Urheberrechte): Die Entscheidung bekräftigt die Rechte des Urhebers auf Vervielfältigung und Verbreitung seines Werkes. Diese Rechte werden nur durch die Schranken des Urheberrechts, wie etwa die Panoramafreiheit, beschränkt.
Richtlinie 2001/29/EG: Der BGH bezieht sich auf die Richtlinie 2001/29/EG, die die Grundlage für die Panoramafreiheit in der EU bildet. Die Entscheidung des BGH steht im Einklang mit der Auslegung dieser Richtlinie durch den EuGH.
Bedeutung für die Praxis
Diese Entscheidung des BGH hat erhebliche Auswirkungen auf die Praxis:
Drohnenaufnahmen: Wer Luftaufnahmen von Kunstwerken oder Gebäuden mit Drohnen anfertigt und diese kommerziell nutzen möchte, benötigt grundsätzlich die Zustimmung des Urhebers.
Panoramafreiheit: Die Panoramafreiheit gilt weiterhin für Aufnahmen, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus gemacht werden.
Sorgfältige Prüfung: Es ist ratsam, vor der Veröffentlichung von Aufnahmen im öffentlichen Raum sorgfältig zu prüfen, ob die Panoramafreiheit greift oder ob Urheberrechte verletzt werden.
Fazit
Die BGH-Entscheidung zur Panoramafreiheit unterstreicht die Bedeutung des Urheberrechts und setzt klare Grenzen für die Nutzung von Luftaufnahmen. Sie zeigt, dass die Panoramafreiheit nicht grenzenlos ist und insbesondere bei Aufnahmen aus ungewöhnlichen Perspektiven, wie sie durch Drohnen ermöglicht werden, eine sorgfältige Prüfung der Rechtslage erforderlich ist.
Der Haftgrund der Schwerkriminalität ist in § 112 Abs. 3 der deutschen Strafprozessordnung (StPO) geregelt und stellt eine besondere Grundlage für die Anordnung von Untersuchungshaft dar. Diese Vorschrift erlaubt es, in bestimmten Fällen von Schwerkriminalität Untersuchungshaft anzuordnen, auch wenn die regulären Haftgründe nach § 112 Abs. 2 StPO (wie Fluchtgefahr oder Verdunkelungsgefahr) nicht vorliegen.
Voraussetzungen des Haftgrundes der Schwerkriminalität
1. Dringender Tatverdacht: Der Beschuldigte muss dringend verdächtig sein, eine der in § 112 Abs. 3 StPO genannten Straftaten begangen zu haben. Diese sogenannten *Katalogtaten* umfassen besonders schwere Delikte wie Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), schwere Körperverletzung (§ 226 StGB), Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306c StGB) oder die Bildung terroristischer Vereinigungen (§§ 129a, 129b StGB)[3][11].
2. Kein zusätzlicher Haftgrund erforderlich: Anders als bei den allgemeinen Haftgründen, ist bei diesen Katalogtaten kein Nachweis von Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr oder Wiederholungsgefahr erforderlich, um Untersuchungshaft anzuordnen. Die Schwere der Tat allein rechtfertigt die Haft[3][10].
3. Verhältnismäßigkeit: Trotz der besonderen Regelung muss die Anordnung der Untersuchungshaft verhältnismäßig sein. Das bedeutet, dass sie nicht außer Verhältnis zur Schwere der Tat und der zu erwartenden Strafe stehen darf[9][11].
Verfassungsrechtliche Einschränkungen
Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass § 112 Abs. 3 StPO verfassungskonform ausgelegt werden muss. Auch wenn kein klassischer Haftgrund vorliegt, dürfen Umstände wie Flucht- oder Verdunkelungsgefahr nicht vollständig ausgeschlossen sein. Es muss zumindest die Gefahr bestehen, dass ohne Festnahme die Aufklärung und Ahndung der Tat gefährdet wäre oder weitere Taten ähnlicher Art zu befürchten sind[1][4][7].
Kritik und Praxis
Die Regelung wird häufig als Ausnahmevorschrift angesehen und ist in der Rechtsprechung umstritten. Kritiker bemängeln, dass sie potenziell gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt, da sie eine Untersuchungshaft allein aufgrund der Schwere der Tat ermöglicht, ohne weitere konkrete Gefahrenlagen nachweisen zu müssen[9][18]. Die Gerichte sollten daher strenge Maßstäbe anlegen und kritisch prüfen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind.
Zusammenfassend ermöglicht der Haftgrund der Schwerkriminalität gemäß § 112 Abs. 3 StPO eine erleichterte Anordnung von Untersuchungshaft bei besonders schweren Straftaten, wobei jedoch verfassungsrechtliche Schranken und das Verhältnismäßigkeitsprinzip beachtet werden müssen.
Quellen
[1] U-Haft II: Schwerkriminalität und Fluchtgefahr, oder: Ohne Haftgrund ... https://blog.burhoff.de/2022/08/69216/
[2] Untersuchungshaft (Deutschland) - Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Untersuchungshaft_(Deutschland)
[3] Untersuchungshaft - Voraussetzungen, Tipps, Definitionen https://www.rgra.de/untersuchungshaft-voraussetzungen/
[4] Haftgrund der Schwerkriminalität - Anwaltspraxis Magazin https://anwaltspraxis-magazin.de/fachbeitraege/strafrecht/2023/10/10/haftgrund-der-schwerkriminalitaet/
[5] Länger in U-Haft dank Corona! - Jura online lernen - Juracademy https://www.juracademy.de/rechtsprechung/article/laenger-u-haft-dank-corona
[6] [PDF] beschluss - BUNDESGERICHTSHOF https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2020-8-25&nr=109979&pos=12&anz=71&Blank=1.pdf
[7] U-Haft I: Fluchtgefahr bei Schwerkriminalität, oder - Burhoff online Blog https://blog.burhoff.de/2023/12/u-haft-i-fluchtgefahr-bei-totschlagsvorwurf-oder/
[8] Untersuchungshaft - Anwalt.de https://www.anwalt.de/rechtstipps/untersuchungshaft-228120.html
[9] Haftgrund - Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Haftgrund
[10] 41 Strafrecht / d) Haftgrund der Tatschwere (§ 112 Abs. 3 StPO) https://www.haufe.de/recht/deutsches-anwalt-office-premium/41-strafrecht-d-haftgrund-der-tatschwere-112-abs3stpo_idesk_PI17574_HI14748999.html
[11] § 112 StPO - Einzelnorm - Gesetze im Internet https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__112.html
[12] Untersuchungshaft § 112 StPO | van Eckert|Strafrecht https://www.ve-strafrecht.de/untersuchungshaft-112-stpo/
[13] ZAP 24/2023, Verfahrenstipps und Hinweise für Strafverte ... / 2 ... https://www.haufe.de/recht/deutsches-anwalt-office-premium/zap-242023-verfahrenstipps-und-hinweise-fuer-strafverte-2-haftgrund-der-schwerkriminalitaet-112-abs3-stpo_idesk_PI17574_HI16130397.html
[14] 112 StPO - Voraussetzungen der Untersuchungshaft; Haftgründe https://dejure.org/gesetze/StPO/112.html
[15] BGH AK 5/23 - 22. Februar 2023 (-) - HRR-Strafrecht.de https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/2/23/ak-3-23.php
[16] EU-Haftbefehl: Keine Fluchtgefahr wegen Wohnsitzes im EU-Ausland https://se-legal.de/eu-haftbefehl-keine-fluchtgefahr-wohnsitz-im-ausland/
[17] U-Haft-Anordnung wegen Fluchtgefahr und Schwerkriminalität https://anwaltspraxis-magazin.de/fachbeitraege/strafrecht/2022/09/23/u-haft-anordnung-wegen-fluchtgefahr-und-schwerkriminalitaet/
[18] Haft I: Haftgrund der sog. Schwerkriminalität, oder - Burhoff online Blog https://blog.burhoff.de/2023/08/u-haft-i-haftgrund-der-sog-schwerkriminalitaet-oder-analoge-anwendung-ist-duennes-eis/
Einleitung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 30. Oktober 2024 (Az. AK 86/24) entschieden, die Untersuchungshaft gegen einen Angeschuldigten, dem die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland vorgeworfen wird, fortzusetzen. Diese Entscheidung behandelt die Voraussetzungen für die Annahme einer solchen Mitgliedschaft sowie die Anforderungen an die Haftgründe und ist daher relevant für jeden Strafverteidiger, der mit derartigen Fällen befasst ist.
Sachverhalt
Dem Angeschuldigten wird vorgeworfen, sich im Zeitraum von Dezember 2014 bis 30. September 2016 als Mitglied an der „Volksrepublik Donezk“ (VRD) beteiligt zu haben, einer Vereinigung im Ausland, deren Zwecke oder Tätigkeit darauf gerichtet gewesen seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen. Zudem soll er eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet haben, nämlich eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 StGB oder des § 212 StGB, indem er eine Schusswaffe verwahrte. Der Angeschuldigte reiste am 16. Dezember 2014 über die Russische Föderation in die Ostukraine ein und schloss sich dort der „Pyatnashka Brigade“ an, um gegen die ukrainischen Streitkräfte zu kämpfen.
Kernpunkte der BGH-Entscheidung
Dringender Tatverdacht: Der BGH geht von einem dringenden Tatverdacht hinsichtlich der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1, Satz 2 StGB in Tateinheit mit der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 und 2 StGB aus.
Terroristische Vereinigung: Der BGH erachtet die VRD zumindest im Tatzeitraum als eine ausländische Vereinigung, deren Zwecke oder Tätigkeiten darauf gerichtet sind, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen.
Mitgliedschaftliche Beteiligung: Der Angeschuldigte hat sich mit hoher Wahrscheinlichkeit als Mitglied der Vereinigung VRD an dieser beteiligt. Er nahm auf Dauer oder zumindest für längere Zeit als Soldat am Verbandsleben der Organisation teil, hat sich in diese eingegliedert, sich dem Organisationswillen untergeordnet und fördernde Tätigkeiten entfaltet.
Haftgründe: Es bestehen die Haftgründe der Fluchtgefahr und der Schwerkriminalität.
Rechtliche Einordnung und Bedeutung
§§ 129a, 129b StGB: Die Entscheidung behandelt die Voraussetzungen für die Strafbarkeit wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§§ 129a, 129b StGB). Der BGH legt dar, welche Anforderungen an den Vereinigungsbegriff, die Zielrichtung der Vereinigung und die Beteiligungshandlung des Mitglieds zu stellen sind.
§ 89a StGB: Die Entscheidung betrifft auch die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a StGB).
Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts: Deutsches Strafrecht ist gemäß § 89a Abs. 3 Satz 2 Variante 1, § 129b Abs. 1 Satz 2 Variante 2 und Variante 4, § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB anwendbar, da der Angeschuldigte deutscher Staatsangehöriger ist und sich in der Bundesrepublik aufhält.
Haftgründe (§ 112 StPO): Der BGH bejaht die Haftgründe der Fluchtgefahr und der Schwerkriminalität und betont, dass auch bei einer verfassungskonformen Auslegung des § 112 Abs. 3 StPO eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls (§ 116 StPO) nicht erfolgversprechend ist.
Bedeutung für die Praxis
Diese Entscheidung des BGH zeigt, dass die Gerichte bei der Beurteilung von Fällen im Bereich des Terrorismus genau prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach §§ 129a, 129b StGB vorliegen. Es kommt entscheidend auf die individuellen Umstände des Einzelfalls an, insbesondere auf die Zielrichtung der Vereinigung und die konkreten Handlungen des Beschuldigten.
Fazit
Die BGH-Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der Voraussetzungen für eine Strafbarkeit wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland. Dies betrifft sowohl die tatsächlichenUmstände als auch die rechtliche Würdigung. Auch im Hinblick auf die Haftgründe zeigt die Entscheidung, dass bei einer bestehenden Fluchtgefahr und Schwerkriminalität die UntersuchungshaftFortdauer gerechtfertigt sein kann.
Einleitung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 17. Dezember 2024 (Az. 5 StR 582/24) eine Entscheidung des Landgerichts Berlin I vom 23. Februar 2024 in einem Mordfall bestätigt. Diese Entscheidung gibt wichtige Einblicke in die Bewertung von Beweisen und die rechtliche Würdigung von Mordmerkmalen und ist daher relevant für jeden Strafverteidiger, der mit solchen Fällen befasst ist.
Sachverhalt
Das Landgericht Berlin I hatte einen Angeklagten wegen Mordes verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass der Angeklagte in ein einheitliches dynamisches Tatgeschehen verwickelt war, in dem er mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz auf das Opfer einstach, nachdem ein gesondert Verfolgter W. bereits Stiche ausgeführt hatte.
Kernpunkte der BGH-Entscheidung
Revision verworfen: Der BGH hat die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin I als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergab.
Verteidigungssituation verneint: Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten, er habe das Messer erst hervorgeholt, nachdem der Geschädigte seine Schusswaffe gezogen hatte, rechtsfehlerfrei als unglaubhaft gewertet. Es konnte keine Verteidigungssituation festgestellt werden.
Einheitliches Tatgeschehen: Der BGH bestätigte, dass das Landgericht von einem einheitlichen dynamischen Tatgeschehen ausgegangen ist, in dem der Angeklagte mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz handelte.
Keine Notwehrlage: Der BGH bestätigte, dass objektiv keine Notwehrlage vorlag, da sich der Geschädigte gegen den fortwährenden Angriff des Angeklagten und seines Mittäters verteidigte.
Mordmerkmal niedrige Beweggründe bestätigt: Der BGH bestätigte, dass das Landgericht rechtsfehlerfrei das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe bejaht hat. Der Angeklagte handelte maßgeblich, um sich in einem Akt der Selbstjustiz für eine erlittene Demütigung zu rächen.
Rechtliche Einordnung und Bedeutung
Beweiswürdigung: Die Entscheidung des BGH unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Beweiswürdigung durch das Tatgericht. Urteilsfremdes Vorbringen in der Revision, das nicht durch die Beweisaufnahme gedeckt ist, kann nicht berücksichtigt werden.
Mordmerkmal niedrige Beweggründe: Der BGH betont, dass der leitende Handlungsantrieb für die Beurteilung des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe entscheidend ist. Selbst wenn neben der Rache noch andere Motive (sog. Nebenziele) eine Rolle spielen, kann das Mordmerkmal erfüllt sein, wenn die Rache den prägenden Antrieb darstellt.
Notwehr: Der BGH stellt klar, dass eine Notwehrlage nicht gegeben ist, wenn sich das Opfer lediglich gegen einen fortdauernden Angriff des Täters verteidigt.
Bedeutung für die Praxis
Diese Entscheidung des BGH zeigt, dass die Gerichte bei der Beurteilung von Mordfällen genau prüfen, ob eine Rechtfertigungsgrundlage (wie Notwehr) vorliegt und ob die Mordmerkmale erfüllt sind. Es kommt entscheidend auf die individuellen Umstände des Einzelfalls an.
Fazit
Die BGH-Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der Voraussetzungen für eine Strafbarkeit wegen Mordes. Insbesondere bei der Frage, ob niedrige Beweggründe vorliegen, bedarf es einer genauen Analyse des Handlungsantriebs des Täters.
Einleitung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 5. November 2024 (Az. 5 StR 406/24) ein Urteil des Landgerichts Berlin vom 29. Februar 2024 bezüglich des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion bestätigt. Diese Entscheidung bietet wichtige Einblicke in die Auslegung des § 308 StGB und seine Anwendung in der Praxis und ist daher relevant für jeden Strafverteidiger, der mit solchen Fällen befasst ist.
Sachverhalt
Das Landgericht Berlin hatte einen Angeklagten wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in zwölf Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Der Angeklagte hatte zum Jahreswechsel 2021/2022 ein Feuerwerk mit Kugelbomben veranstaltet, die er illegal aus Polen bezogen hatte. Dabei verwendete er ungeeignete Abschussvorrichtungen, wodurch eine Bombe zu früh explodierte und zwölf Zuschauer teils erheblich verletzte.
Kernpunkte der BGH-Entscheidung
Revision verworfen: Der BGH hat die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin als unbegründet verworfen.
Schuldspruch bestätigt: Der BGH bestätigte den Schuldspruch, insbesondere hinsichtlich des Qualifikationstatbestands des § 308 Abs. 2 Alt. 2 StGB (Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen).
Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen: Der BGH bestätigte, dass die Verletzung von zwölf Personen durch die Sprengstoffexplosion eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen im Sinne des § 308 Abs. 2 Alt. 2 StGB darstellt. Der BGH bezieht sich auf frühere Urteile, wonach bei Brandstiftung bereits 14 verletzte Personen ausreichen. Auch wird auf Stimmen im Schrifttum verwiesen, die bereits ab zehn Personen von einer großen Zahl ausgehen.
Rechtliche Einordnung und Bedeutung
Auslegung des § 308 Abs. 2 Alt. 2 StGB: Der BGH betont, dass für die Qualifikation des § 308 Abs. 2 StGB im Vergleich zum Grundtatbestand keine erhöhten Anforderungen an die Sprengstoffexplosion selbst gestellt werden. Es kommt nicht auf den Umfang oder die Qualität des Tatorts an.
Vergleichbarer Unrechtsgehalt: Die Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen wird der schweren Gesundheitsschädigung eines Menschen gleichgestellt, was den Unrechtsgehalt betrifft.
Bestätigung der Rechtsprechung: Der BGH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine Verletzung von 21 Personen das Merkmal der Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen erfüllt. Er sieht keinen Anlass, die im vorliegenden Fall erreichte Zahl von zwölf Personen als zu gering zu erachten.
Bedeutung für die Praxis
Diese Entscheidung des BGH zeigt, dass die Gerichte das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, insbesondere im Zusammenhang mit Feuerwerken, sehr ernst nehmen. Es kommt entscheidend auf die individuellen Umstände des Einzelfalls an. Dies betrifft die Art der verwendeten Sprengstoffe, die Einhaltung von Sicherheitsvorkehrungen und die Anzahl der verletzten Personen.
Fazit
Die BGH-Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der Voraussetzungen für eine Strafbarkeit wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion. Insbesondere bei der Frage, ob eine "große Zahl von Menschen" gesundheitlich geschädigt wurde, bedarf es einer genauen Analyse des Einzelfalls.
Wichtige BGH-Entscheidung zu Betrugsfällen im Zusammenhang mit Corona-Testzentren
Einleitung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Beschluss vom 4. Dezember 2024 (Az. 5 StR 498/23) eine aufschlussreiche Entscheidung zu Urteilen des Landgerichts Berlin im Kontext von Betrugsfällen im Zusammenhang mit Corona-Testzentren getroffen. Diese Entscheidung ist von Bedeutung für alle, die im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts und speziell im Zusammenhang mit der Abrechnung von Corona-Testleistungen tätig sind. Sie zeigt, welche Aspekte bei der rechtlichen Bewertung solcher Fälle besonders zu beachten sind.
Sachverhalt
Das Landgericht Berlin hatte zuvor ein Urteil gefällt, in dem es um umfangreiche Betrugsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Betrieb von Corona-Testzentren ging. Es verurteilte einen Angeklagten (C.) wegen Betrugs in zahlreichen Fällen und eine Mitangeklagte (W.) wegen Beihilfe zum Betrug.
Kernpunkte der BGH-Entscheidung
Teilweise Aufhebung des Urteils: Der BGH hob das Urteil des Landgerichts teilweise auf. Dies betraf den Angeklagten C. hinsichtlich der Einzelstrafen für bestimmte Taten und den Gesamtstrafenausspruch. Das Urteil gegen die Angeklagte W. wurde sogar vollständig aufgehoben.
Zurückverweisung: Die Sache wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Bestätigung der Betrugsprinzipien: Der BGH bestätigte, dass falsche Angaben über die Anzahl durchgeführter Tests grundsätzlich einen Betrug darstellen können. Ebenso kann die Verwendung falscher Personalien bei der Anmeldung und Abrechnung von Teststellen eine Täuschung über die Identität des Betreibers und somit einen Betrug begründen. Der BGH betonte, dass mit jeder Abrechnung konkludent erklärt wird, dass die abrechnende Person mit der zertifizierten Person identisch ist.
Kritik an der Strafzumessung: Der BGH bemängelte jedoch Widersprüche bei der Strafzumessung des Landgerichts, insbesondere hinsichtlich der Schadenshöhe.
Beihilfe zum Betrug verneint: In Bezug auf die Angeklagte W. sah der BGH keine ausreichenden Beweise für eine Beihilfe zum Betrug. Die bloße Gestattung der Nutzung von Personalien oder die Mitwirkung an Bargeldauszahlungen reichen nicht aus, um eine Beihilfe zu begründen, da es an einem aktiven Fördern der Haupttat fehlt.
Rechtliche Einordnung und Bedeutung
Diese Entscheidung des BGH verdeutlicht, dass Gerichte die Abrechnungen von Corona-Testzentren und die damit verbundenen Sachverhalte sehr genau prüfen. Es kommt entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls an. Dies betrifft die Frage, inwieweit tatsächlich erbrachte Leistungen zu einem Erstattungsanspruch führen, sowie die Frage des Vorsatzes bei einer Beihilfe. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung der Voraussetzungen für eine Strafbarkeit wegen Betrugs oder Beihilfe zum Betrug im Kontext von Corona-Testzentren. Die TestV knüpft an die Zuverlässigkeit der Betreiber an.
Fazit
Die BGH-Entscheidung zeigt, dass auch in komplexen Wirtschaftsstrafverfahren eine Revision erfolgreich sein kann, wenn Fehler in der rechtlichen Würdigung oder der Strafzumessung vorliegen.
Versetzen eines Baumschutzbügels ein strafbarer Diebstahl, § 242 StGB?
Einer meiner Mandanten engagiert sich mit Nachbarn in Berlin-Charlottenburg bei der Begrünung des städtischen Raums.
Zu diesem Zweck begrünen sie sogenannte Baumscheiben, insbesondere solche, die mangels eines Baums eigentlich nur noch eine ungepflegte Sandfläche und gerne und intensiv genutzte "Hundetoilette" darstellen:
Hierzu kaufen mein Mandant und seine Nachbarn (auf eigene Kosten) junge Bäume und Erde und pflanzen diese Bäume sachkundig ein.
Damit die Bäume nicht sofort wieder von einparkenden Autos beschädigt werden, hat mein Mandant überflüssige Baumschutzbügel herausgezogen und neben dem neuen Baum eingepflanzt.
Nun hat sich ein Nachbar, der den Hintergrund nicht erkannte, bei der Polizei gemeldet, und den "Diebstahl" eines Baumschutzbügels angezeigt.
Mangels Absicht zur rechtswidrigen Zueignung scheidet ein Diebstahl an dem Baumschutzbügel aus, wenn der besagte Bügel nur innerhalb eines Straßenzuges versetzt wird.
Obwohl keine Straftat vorliegt, empfehle ich die vorherige Rücksprache mit dem zuständigen Grünflächenamt, damit dieses mit der Versetzung des Bügels einverstanden ist. Eine telefonische Abstimmung ist an sich rechtlich ausreichend. Zur besseren und vor allem einfacheren Dokumentation empfiehlt sich aber eine Erlaubnis per Email.
Einer meiner Mandanten engagiert sich mit Nachbarn in Berlin-Charlottenburg bei der Begrünung des städtischen Raums.
Zu diesem Zweck begrünen sie sogenannte Baumscheiben, insbesondere solche, die mangels eines Baums eigentlich nur noch eine ungepflegte Sandfläche und gerne und intensiv genutzte "Hundetoilette" darstellen:
Hierzu kaufen mein Mandant und seine Nachbarn (auf eigene Kosten) junge Bäume und Erde und pflanzen diese Bäume sachkundig ein.
Damit die Bäume nicht sofort wieder von einparkenden Autos beschädigt werden, hat mein Mandant überflüssige Baumschutzbügel herausgezogen und neben dem neuen Baum eingepflanzt.
Nun hat sich ein Nachbar, der den Hintergrund nicht erkannte, bei der Polizei gemeldet, und den "Diebstahl" eines Baumschutzbügels angezeigt.
Mangels Absicht zur rechtswidrigen Zueignung scheidet ein Diebstahl an dem Baumschutzbügel aus, wenn der besagte Bügel nur innerhalb eines Straßenzuges versetzt wird.
Obwohl keine Straftat vorliegt, empfehle ich die vorherige Rücksprache mit dem zuständigen Grünflächenamt, damit dieses mit der Versetzung des Bügels einverstanden ist. Eine telefonische Abstimmung ist an sich rechtlich ausreichend. Zur besseren und vor allem einfacheren Dokumentation empfiehlt sich aber eine Erlaubnis per Email.
4. Mai 2019 Haftbefehl gegen ein Kind/einen Minderjährigen, besondere jugendgerichtliche Voraussetzungen
Haftbefehl muss in seiner Begründung den Mindestanforderungen des § 72 JGG genügen
Die fehlende Begründung nach § 72 JGG führt zur Unzulässigkeit der Anordnung der Untersuchungshaft!
Der Fall
Meinem Mandanten, der zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Handlung 14 Jahre und 4 Monate alt war, wurde ein versuchtes Tötungsdelikt vorgeworfen. Er soll nach der Schule auf dem Heimweg in einer Streitsituation ein Klappmesser gezogen und mehrfach auf seinen Gegner eingestochen haben.
Prozessverlauf
Die Staatsanwaltschaft beantragte wegen dieses Vorwurfs und vorgeblicher Fluchtgefahr den Erlass eines Haftbefehls. Das zuständige Amtsgericht, vorliegend das Amtsgericht Tiergarten von Berlin, erließ den Haftbefehl antragsgemäß.
Gegen diesen Haftbefehl hatte ich einen Antrag auf mündliche Haftprüfung gestellt. Dieser Antrag gründete sich auf die nicht bestehende Fluchtgefahr und den wegen einer Notwehrsituation fehlenden dringenden Tatverdacht. Schließlich wies ich darauf hin, dass der angegriffene Haftbefehl eine rechtmäßige Begründung im Sinne des § 72 Absatz 1 JGG vermissen lasse.
Auf mein letztes Argument meinte die Staatsanwaltschaft, eine fehlende Begründung nach § 72 JGG führe nicht zur Unzulässigkeit der Anordnung der Untersuchungshaft.
Entscheidung der Jugendstrafkammer
Die zuständige Jugendstrafkammer erklärte den Haftbefehl für rechtswidrig (LG Berlin, 539 Kls 25/18, Beschluss vom 20. August 2018):
Es konnte insoweit dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen für die an Ordnung und Fortdauer der Untersuchungshaft vorlagen. Der Haftbefehl war jedenfalls rechtswidrig, da er nicht den Mindestanforderungen gemäß § 72 Abs. 1 Satz 3 JGG genügte.
Im Jugendstrafrecht gilt das Prinzip der Subsidiarität der Untersuchungshaft. Nach § 72 Abs. 1 Jugendgerichtsgesetz darf Untersuchungshaft gegen einen Jugendlichen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur verhängt oder vollstreckt werden, wenn ihr Zweck nicht durch eine vorläufige Anordnung über die Erziehung oder durch andere Maßnahmen erreicht werden kann.
Wird Untersuchungshaft verhängt, sind im Haftbefehl die Gründe anzuführen, aus denen sich ergibt, dass andere Maßnahmen nicht ausreichen und die Untersuchungshaft nicht unverhältnismäßig ist. Unterbleibt dies, ist die Anordnung der Untersuchungshaft, worauf der Verteidiger in seinem Beschwerdeschreiben zutreffend hingewiesen hatte (das war ich!) schon aus diesem Grunde fehlerhaft.
Der angegriffene Haftbefehl enthielt nur den formelhaften Satz, dass der Haftbefehl angesichts der Tatschwere und der zum Ausdruck gekommenen Gewaltbereitschaft verhältnismäßig sei. Ob der zuständige Ermittlungsrichter im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung Abwägungen dahingehend vorgenommen hatte, ob andere Maßnahmen, insbesondere eine Heimunterbringung ausreichten, war nicht erkennbar.
Das Fehlen eines Teils des notwendigen Inhalt des eines Haftbefehls hat die Rechtswidrigkeit dessen zur Folge.
Hinweis:
Der Verteidiger (natürlich auch der Jugenstaatsanwalt und Ermittlungsrichter!) muss bei einem drohenden Haftbefehl auf die Beachtung des § 72 JGG achten und diesbezügliche Defizite entsprechend aufgreifen, mit dem Ziel der unverzüglichen Aufhebung des Haftbefehls.